Die Situation ist unbefriedigend und mitunter existenzbedrohend. Die vollständig ausgewertete Umfrage der Bürgerinitiative „Ottensen bewegt“ zeigt, dass 15 von 46 befragten Unternehmen erhebliche Umsatzeinbußen haben, sodass gerade die Weihnachtszeit vollendete Tatsachen schaffen wird, die später nicht wieder gutzumachen sind. Die Ergebnisse der Evaluation durch die TU HH werden zu spät erhoben und dadurch wenig relevant für eine aktuelle Reaktion. (Prof. Dr. Herbert Bruhn im Schreiben an das Bezirksamt Altona) – siehe auch die beiden nachfolgenden PDF-Dokumente
Behörde-081119 Bericht-03-11-20192Ein Statement von Dr. Ina Licari, stellvertretende Sprecherin von Ottensen bewegt:
“Wir sind erschrocken –
Ottensen bewegt nimmt Stellung”
Ottensen bewegt setzt sich für die Interessen der Anwohner und Gewerbetreibenden innerhalb der autofreien Zone ein. Darüber hinaus fordern wir ein ganzheitliches Mobilitätskonzept für Ottensen. Wir suchen Gespräche mit Politikern, dem Bezirksamt und mit sämtlichen Betroffenen. Wir veröffentlichen unsere Punkte auf unserer Homepage oder in Form von Pressemitteilungen. Außerdem halten wir öffentliche Versammlungen ab, in denen diskutiert werden kann und wo wir unsere Aktivitäten erläutern. Wir agitieren nicht, wir betreiben keine Hetze auf Facebook, wir stellen uns keinen Fahrradfahrern in den Weg, die sich nicht an die Schrittgeschwindigkeit halten. Und wir sprengen auch keine Veranstaltungen von Gruppen, die vielleicht nicht unserer Meinung sind.
Leider müssen wir erfahren, dass genau solche Methoden gegen uns eingesetzt werden. Ein besonders unschönes Erlebnis hatten wir auf unserer letzten Versammlung am 21. Oktober, als einige Personen in äußerst aggressiver Art und Weise versuchten, uns in Misskredit zu bringen und uns zu beleidigen. Was steckt dahinter? Wir können hier nur mutmaßen: Verschwörungstheoretiker sehen hier vielleicht eine bewusste, möglicherweise durch bestimmte politische Gruppierungen gesteuerte Methode, uns aus der Reserve zu locken und zu provozieren.
Viele Menschen kamen hinterher erschrocken auf uns zu und fragten, warum denn eine bestimmte Gruppe uns als „Gegner“ einstuft und so tut, als hätten wir ihnen etwas weggenommen.
Fest steht, dass wir durch solche Verhaltensmuster in unserem Tun bestärkt werden. Wir werden weiterhin für die Anliegen und Sorgen der Anwohner und Gewerbetreibenden sprechen, die durch die unzureichend vorbereitete Hauruck-Aktion der autofreien Zone beeinträchtigt sind. Und wir werden weiterhin sachlich, hörbar und präsent sein.
Wir sind die einzige kritische Stimme zu diesem Projekt. Wenn wir verstummen, übernehmen die „aggressiven Autohasser“ die Meinungsführerschaft. Dann werden unter dem Deckmantel von Verkehrswende und Klimaschutzs die Anwohner und Gewerbetreibenden innerhalb der autofreien Zone weiter schikaniert. Und es werden ohne Rücksicht auf Verluste Rechte mit Füßen getreten (z.B. das Asphaltieren von denkmalgeschütztem Kopfsteinpflaster), Menschen werden in der Bewältigung ihres Alltags gehindert (ältere und/oder geheingeschränkte Menschen müssen jetzt teure Taxifahrten bezahlen) und Gewerbetreibende geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Damit es uns weiter gibt, brauchen wir Ihre/Eure Unterstützung, durch Mitarbeit und auch durch Spenden.
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Ansonsten wohnt aber niemand außer mir in dem betroffenen Bereich des neuen Flanierquartiers
In der neuen Rubrik “Originalstimmen” werden Anwohner, Gewerbetreibende, Lokalpolitiker und andere Personen interviewt, die ihre Meinung zum Verkehrsprojekt “Ottensen macht Platz” wiedergeben. Den Anfang macht Robert Jarowoy, Altonaer Kommunalpolitiker, Bio-Käse-Händler, Autor und Anwohner der “Ottensen macht Platz”-Zone:
Stimmt das, dass du das einzige Mitglied der Bezirksversammlung Altona bist, das in dem Gebiet von “Ottensen macht Platz”, dem größten Verkehrsprojekt Hamburgs, wohnt? Wie viele Bezirksversammlungs-Mitglieder von den insgesamt 51 wohnen denn sonst in Ottensen (geschätzt)?
Robert: Die gerade neu in die Bezirksversammlung gewählten Abgeordneten kenne ich noch nicht so genau. Ansonsten wohnt aber niemand außer mir in dem betroffenen Bereich des neuen Flanierquartiers. In Ottensen wohnen außer mir und meinem Mitstreiter Wolfgang Ziegert noch Mithat Capar von der SPD und Christian Trede von den Grünen in Ottensen, allerdings nicht im Bereich des Ottenser Kreuzes. Ich wohne seit 1980 in der Ottenser Hauptstraße.
In einer Stellungnahme von dir, in der du auch einen zweimonatigen Aufschub des Verkehrsprojektes gefordert hattest, sprichst du davon, dass die stattgefundene Anhörung der Bürger/Innen “eine Farce war”. Woran machst du das konkret fest und warum war das so, obwohl doch die ursprüngliche Einbettung als Cities4People-EU-Projekt (inzwischen ist hier nur noch von einem “Spin-Off” die Rede) eine intensive Beteiligung der Anwohner und Gewerbetreibenden konzeptionell vorsah?
Robert: Cities4people hatten Menschen im Altonaer Kerngebiet befragt, wie sie sich eine Neugestaltung innerstädtischer Quartiere vorstellen und wünschen würden. Da kam an vorderster Stelle die Autofreiheit zur Sprache. Allerdings im Zusammenhang mit Verkehrsberuhigung und Reduktion von gesundheitsschädlichen Emissionen (CO2, Lärm, Gefahrenpotentialen usw.). Von der Einführung einer Flaniermeile im Bereich des Ottenser Kreuzes war weder in der Fragestellung noch in den Wunschäußerungen die Rede.
Cities4people, die an dem Projekt “Ottensen macht Platz – Flanierquartier auf Zeit” nie beteiligt waren geschweige denn sind, haben mir gesagt, dass sie für ihre Studie zufällig ihnen begegnende InterviewpartnerInnen befragt hätten, also überhaupt nicht gezielt AnwohnerInnen und Gewerbetreibende, sondern alle, die hier so herumlaufen oder -sitzen und bereit waren, sich zu dem Thema zu äußern.
Zusammengefasst: Was sind deine Hauptkritikpunkte an der aktuellen Umsetzung und Fortführung des Verkehrsprojektes?
Robert: Das umfassende Verkehrsprojekt der AnwohnerInnen-Initiative Ottenser Gestalten bestand vorrangig darin, den Durchgangsverkehr aus der Keplerstraße, Eulenstraße, Bernadottestraße und dem Hohen Esch umzuleiten und AnwohnerInnen-Parken als Möglichkeit zu untersuchen. Dieses Konzept als Prüfauftrag haben wir als Linksfraktion in die Bezirksversammlung eingebracht, von wo aus es in den Verkehrsausschuss verwiesen und dort abgelehnt wurde.
Stattdessen zauberten Grüne und CDU plötzlich das in meinen Augen weder sinnige noch ausgegorene Konzept des Flanierquartiers im Bereich des Ottenser Kreuzes aus dem Hut, das mit Verkehrsberuhigung oder gar CO2-Reduktion überhaupt nichts zu tun hat, sondern den Verkehr lediglich in Nachbar-Straßen verdrängt und mit dem Flanierquartier weiter für steigende Mieten sorgen wird, besonders für die gewerblichen NutzerInnen.
Die Folge wird sein, dass die letzten kleinen inhaberInnengeführten Geschäfte verschwinden werden und nur noch Gastronomiebetriebe die Mieten zahlen können. Eine solche Entwicklung, wie wir sie aus dem Schanzenviertel kennen, wird insbesondere von den unmittelbaren AnwohnerInnen in der überwiegenden Mehrheit aber nicht gewünscht.
Einige Lokalpolitiker betonen immer wieder den “Test- und Laborcharakter” des Verkehrsprojektes und rechtfertigen damit in meinen Augen auch die stark optimierbare Qualität in Bezug auf Planung und bisherige Umsetzung von “Ottensen macht Platz”. Wenn es nicht “klappt, werde das ganz dann einfach eben gestoppt.” Ist das wirklich so einfach? Zumal mir aktuell (Stand: 31.8.2019) bisher keinerlei definierte Parameter und Determinanten im Rahmen einer Evaluation bekannt sind, die eine Messbarkeit und damit eine Einordung von Ergebnissen zulassen. Was muss sich in Bezug auf Messbarkeit und Einordnung deiner Meinung nach ändern, damit das Projekt aus Sicht ALLER Beteiligten, also auch der Anwohner und Gewerbetreibenden vor Ort, ein Erfolg werden kann?
Robert: Genauso wie die AnwohnerInnen im Vorfeld und bis heute nie befragt wurden, wird die Evaluierung darin bestehen, dass festgestellt werden wird, dass “alle” das Projekt toll finden. Insbesondere der für das Projekt federführend zuständige Altonaer Baudezernent, der in Eimsbüttel wohnt und sich eine durchgehende Flaniermeile vom Bruno-Tesch-Platz über den Altonaer Bahnhof (dessen Verlegung nach Diebsteich genauso verrückt ist), bis hin zur Reitbahn und dem Alma-Wartenbergplatz wünscht und dabei nach der Maxime “Versuch und Irrtum” handelt, wie er im Abendblatt bekundet hat.
Die Fragen an Robert Jarowoy stellte Oliver Hein-Behrens.
Wir sind auf der Suche nach Ottensern, die sich hier zum Thema interviewen lassen wollen. Einfach eine E-Mail mit dem Stichwort “Interview” an info@ottensenbewegt.de schicken. Wir melden uns!